Berufsbildung in Polen

Bislang erfolgte die Berufsbildung im polnischen Bildungssystem im Rahmen dreier Schultypen – der 3-jährigen Berufsschule, der 4-jährigen Technischen Oberschule und der postsekundären Schule (max. 2,5-jährig) – sowie in Lehrgängen zur beruflichen Qualifizierung und in Weiterbildungskursen. Im Zuge der Bildungsreform wurde im Schuljahr 2017/2018 ein Umgestaltungsprozess des Schulsystems angestoßen, der im Schuljahr 2022/2023 abgeschlossen sein wird.

Die berufliche Bildung erfolgt fortan im Rahmen folgender Schultypen:

  • der Technischen Oberschule (technikum);
  • der Berufsfachschule – Grundstufe (szkoła branżowa I stopnia);
  • der Berufsfachschule – Aufbaustufe (szkoła branżowa II stopnia);
  • der postsekundären Schule (szkoła policealna).

Technische Oberschule

Die Technische Oberschule vermittelt allgemeines und berufliches Wissen gleichermaßen. Das bedeutet, dass die Schüler/-innen sowohl auf einen konkreten Beruf, als auch auf die Abiturprüfung und damit zur Aufnahme eines Studiums vorbereitet werden. Die Ausbildung an der Technischen Oberschule dauert fünf Jahre.

Berufsfachschule

Die Berufsschule wird sukzessiv durch zwei Schultypen ersetzt: die 3-jährige Berufsfachschule – Grundstufe und die 2-jährige Berufsfachschule – Aufbaustufe. Sie vermitteln eine allgemeine und berufliche Bildung, wobei die praktische Berufsausbildung einen besonderen Schwerpunkt bildet. Zum Abschluss der Berufsfachschule – Grundstufe legen die Schüler/-innen ein Fachexamen zum Nachweis der erworbenen beruflichen Qualifikationen ab, die durch ein entsprechendes Abschlusszeugnis bestätigt werden und die berufliche Grundbildung abschließen. Ab dem Schuljahr 2020/2021 setzen die ersten Absolventen der Grundstufe der Berufsfachschulen ihre Ausbildung in der Aufbaustufe fort. Die Qualifizierung erfolgt hier in den Berufen, die bereits in Grundstufe der Berufsfachschulen gelehrt wurden. Mit der Beendigung der Berufsfachschule – Aufbaustufe wird (nach bestandenem Fachexamen in dem gewählten Beruf) ein Abschlusszeugnis über die erworbenen beruflichen Qualifikationen verliehen. Damit ist ein mittlerer Berufsabschluss erreicht. Die Absolventen einer Berufsfachschule – Aufbaustufe sind berechtigt, die Abiturprüfung abzulegen, um so die Allgemeine Hochschulreife zu erwerben, die Voraussetzung der Aufnahme eines Studiums an einer Universität oder Hochschule ist.

Postsekundäre Schule

Ein weiterer Schultyp, mit dem Qualifikationen in einem bestimmten Beruf erworben werden können, ist die postsekundäre Schule. In sie können Absolventen einer weiterführenden Schule aufgenommen werden (ein Abiturzeugnis ist nicht erforderlich). Die Ausbildung an einer solchen Schule erlaubt die Ablegung eines Fachexamens, in der die hier erworbenen beruflichen Qualifikationen überprüft und durch ein entsprechendes Abschlusszeugnis bestätigt werden. Dieses berechtigt, in dem entsprechenden Beruf den Titel Techniker zu führen.

Praktische Berufskunde

Die Berufsbildung verläuft zweigleisig (theoretisch und praktisch). Ihr Ziel ist es, die Schüler/-innen auf den Übertritt in den Arbeitsmarkt vorzubereiten und den gewählten Beruf auszuüben. Die theoretische Berufsbildung findet in Schulen statt, während die praktische Berufsbildung, die sogenannte praktische Berufskunde (Praktyczna Nauka Zawodu, PNZ), entweder in Zentren der praktischen Berufsbildung, in Weiterbildungszentren, Schulwerkstätten, bei Arbeitgebern oder in privaten landwirtschaftlichen Betrieben erfolgt. Die praktische Berufskunde bildet die Grundlage jeder Berufsbildung, denn sie erlaubt die Anwendung der bereits erworbenen Kenntnisse unter realen Arbeitsbedingungen und die Aneignung der für den Arbeitsalltag notwendigen beruflichen Fähigkeiten. So kann eine in der Berufsausbildung befindliche Person als Schüler/-in oder mit dem Status eines Jungarbeitnehmers bzw. einer Jungarbeitnehmerin (Personen im Alter von 16 bis 18 Jahren) Praxiserfahrungen sammeln. Im ersten Fall stellt die Schule die praktische Ausbildung sicher, im zweiten Fall der Arbeitgeber, der mit dem / der Jungarbeitnehmer/-in einen Ausbildungsvertrag schließt und ihn oder sie zur Vervollständigung der theoretischen Kenntnisse an eine Schule schickt. Die praktische Berufskunde kann in Form praktischer Übungen oder als Berufspraktikum erfolgen (wie im Falle der Technischen Oberschulen und postsekundären Schulen). Die Kenntnisse und Fähigkeiten, die den Schüler/-innen im Rahmen dieser Art Unterricht vermittelt wird, sowie der Stundenumfang sind in den an der Schule geltenden Lehrplänen sowie in den Rahmenlehrplänen der einzelnen Berufe geregelt.

Außerschulische Berufsausbildung

Berufliches Lernen kann auch außerhalb von Schulen erfolgen, und findet dann in Zentren der praktischen Berufsbildung (Centra Kształcenia Praktycznego, CKP), in Weiterbildungszentren (Centra Kształcenia Ustawicznego, CKU) oder in Zentren der beruflichen Fortbildung und Qualifizierung (Ośrodki Dokształcania i Doskonalenia Zawodowego, ODDZ) statt. Durch die vollständige oder teilweise Umsetzung des für den gewählten Beruf vorgesehenen Lehrplans gewährleisten die Zentren der praktischen Berufsbildung die berufspraktische Vorbereitung der Schüler/-innen an den Berufsfachschulen. Die Weiterbildungszentren bieten in Zusammenarbeit mit Arbeitgebern Qualifizierungen (auch praktischer Art) an und geben didaktisch-methodische Materialien heraus. In den Zentren der beruflichen Fortbildung und Qualifizierung können Jungarbeitnehmer/-innen (also diejenigen, die einen Ausbildungsvertrag mit einem Arbeitgeber abgeschlossen haben und mindestens 16 Jahre alt sind) ihre theoretischen Kenntnisse in dem von ihnen gewählten Beruf vervollständigen. Zusätzlich kann die Berufsbildung bei den Freiwilligen Arbeitstruppen (Ochotnicze Hufce Pracy, OHP) oder durch die Arbeitgeber erfolgen.

Ausgewählte Themen der dualen Ausbildung in Polen

In den Jahren 2018 und 2019 führten Experten der Technischen Universität Dortmund ein Umfrageprojekt durch, das Vorschläge zur Weiterentwicklung und Verbesserung der Qualität der beruflichen Bildung in Polen formulieren sollte. Forscher aus Dortmund trafen sich mit einer Reihe von Berufsbildungsträgern, wobei der Schwerpunkt der Befragung auf Projekten in der Automobil- und Logistikbranche lag.

Die Zusammenfassung der Ergebnisse dieser Forschung wurde zum Ausgangspunkt für eine Reihe von vier Konferenzen. Die Deutsch-Polnische Industrie- und Handelskammer lädt alle ein, mehr über die Projektergebnisse zu erfahren: Ergebnisse des Forschungsprojekts der Technischen Universität Dortmund

Weiterführende Quellen:

  1. Ministerstwo Edukacji Narodowej – Ministerium für Nationale Bildung: Berufsbildung
  2. Ośrodek Rozwoju Edukacji – Zentrum für Bildungsentwicklung: Berufsbildung
  3. Ośrodek Rozwoju Edukacji – Zentrum für Bildungsentwicklung: Berufsberatung
  4. Barometr zawodów – jährliche Prognose der beruflichen Situation in Polen
  5. Zintegrowany System Kwalifikacji – Integriertes Qualifizierungssystem /?? Integrated Qualifications System
  6. Polskie Biuro Eurydice – Polnisches Eurydice-Büro
  7. Edunet Poland – ein Zentrum für Bildung und Verbesserung der Qualifikationen der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer

Weitere Informationen:

  1. Mazik-Gorzelańczyk M. Die Berufsbildung in Polen in der Perspektive des Wandels und der Anforderungen der Wirtschaft, Herausgeber: Friedrich-Ebert-Stiftung, Vertretung in Polen, Warschau 2016
  2. Chłoń-Domińczak, A.; Holzer -Żelażewska, D.; Maliszewska, A. (2018). Cedefop European public opinion survey on vocational education and training: Poland. Cedefop ReferNet thematic perspectives series.
  3. Kanał Instytutu Badań Edukacyjnych w serwisie internetowym YouTube